Game Boy: Othello/Reversi/Domination/Spot angespielt

(pwc) Othello gehört neben Shogi, Go und Renju zu den beliebtesten Brettspielen in Japan und wird dort von Millionen Menschen gespielt. Den großen Sprung nach Europa oder Amerika schaffte Othello hingegen nicht. Auch Reversi, das bereits Ende des neunzehnten Jahrhunderts in England erfunden wurde, vermochte nicht die große Masse außerhalb Japans anzusprechen.

Die Unterschiede zwischen den beiden Spielen Reversi und Othello sind marginal was im Allgemeinen dazu führt, dass beide Spiele als das selbe empfunden wird. Während Reversi Anfang der 1880er Jahre eine britische Erfindung war und seit 1883 durch den Ravensburger Spieleverlag auch in Deutschland aufgelegt wird, ist das erst Anfang der 1970er Jahre durch den Japaner Goro Hasegawa erfundene Othello fast 100 Jahre nach Reversi erschienen und liegt markenrechtlich beim japanischen Verleger Megahouse (früher Tsukuda).

Und da hätten wir schon den ersten Unterschied. Obwohl Reversi fast 100 Jahre älter als die Othello-Version Hasagawas ist, behauptete Hasagawa Reversi vorher nicht gekannt zu haben. Wie dem auch sei, Othello hat sich definitiv schneller und massentauglicher entwickelt. Neben den etwa 25 Millionen aktiven japanischen Spielern ist Othello auch das Spiel mit den meisten jährlichen Weltmeisterschaften (seit 1977) unter Lizenzbedingungen.

Aber um was geht es eigentlich bei Reversi/Othello? Zwei Spieler spielen auf einem Spielbrett das in ein 8×8 Felder großes Raster eingeteilt ist. Nach der vorgegebenen Startaufstellung legen die Spieler nacheinander weitere Spielsteine ihrer Farbe auf dem Spielfeld ab. Ziel ist es beim Auslegen des eigenen Spielsteins, bereits vorhandene gegnerische Spielsteine „einzufangen“ die dann zur eigenen Farbe werden. Gewonnen hat der Spieler der zuletzt die meisten Spielsteine seiner Farbe auf dem Feld ausliegen hat.

Beide Spiele wurden vielfach auf elektronischen Systemen umgesetzt. In diesem Bericht widmen wir uns natürlich den unterschiedlichen Versionen auf dem Game Boy.

Die bekannteste Othello-Version dürfte hierzulande das gleichnamige Game Boy Spiel von 1991 sein. Diese Version bietet diverse Einstellmöglichkeiten die uns das Spiel unter anderem plausibler macht: Im Editiermodus können wir direkten Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen – so zum Beispiel die Spielsteinfarbe ändern oder auch die letzten Züge rückgängig machen. Wir lernen dabei aus unseren Fehlern und verstehen die Systematik die hinter Othello steht. Um das Spiel zu beenden müssen vier Computergegner bezwungen werden. COM4 ist hierbei der absolute Othelloprofi – ihn zu schlagen erfordert vertiefte taktische Kenntnisse. Legt man vor Spielbeginn allerdings ein Zeitlimit fest, schaffen es die Gegner kaum ihre wahren Stärken auszuspielen. Das Spielbrett ist grafisch sehr schön umgesetzt – leider fehlt eine Anzeige die den aktuellen Stand der Anzahl der Steine wiedergibt.

Im Spiel selbst wird unsere Figur durch einen dunkelhäutigen Jungen dargestellt. Auf der Pappverpackung und dem Modulaufkleber sind allerdings zwei weiße Figuren abgebildet. Einer der beiden Figuren besitzt eine auffällig lange Nase. Was es mit den Charakteren auf sich hat, kann leicht beantwortet werden: Hasagawas Vater war Englischlehrer – von ihm stammt die Idee, in Analogie zu Shakespeares Othello, den Titel des Spiels entsprechend zu benennen.

Betrachtet man sich Shakespeares Theaterstück im Original, stolpern wir über den ausführlichen Namen „The Tragœdy of Othello, the Moor of Venice“ und erfahren, dass es ein Mohr ist der die Hauptrolle spielt.

Pinocchio hingegen entstammt der italienischen Literatur und spielt in Othello World von 1994 die männliche Hauptrolle. Die weibliche Hauptrolle verkörpert Alice aus dem Wunderland. Othello World entspricht dem ursprünglichen Othello aus 1991. In der 1994er Version wurden allerdings die Charaktere ausgetauscht. Aus den namenlosen Standard-Computergegnern wurden die Grinsekatze (Shi-Sha), der eierköpfige Humpty-Dumpty (Humputei), ein Drache (Duragon, vermutlich der Jabberwocky) und der nicht näher bestimmbare vierte und stärkste Gegner (japanische Übersetzung Tamenoso).

Ebenfalls wurde dieser Version ein wunderschöner Rahmen und ein toll eingefärbtes Spielbrett spendiert die beim Spielen über den Super Game Boy eingeblendet werden.

Kommen wir nun zu einer Reversi-Version. Meines Erachtens gibt es keine eigenständige Reversi-Fassung auf dem Game Boy – allerdings befindet sich eine auf dem 4-in-1 Fun Pak Modul zusammen mit Backgammon, Mühle und Schach das 1992 erschienen ist. Das Problem: Bei Reversi bestimmen die Spieler selbst die Startaufstellung entweder dadurch, dass sie in den zwei ersten Zügen abwechselnd einen Stein ihrer Farbe auslegen oder aber im ersten Zug direkt zwei Steine ihrer Farbe auslegen. Diese Option ist nicht vorhanden sondern die Startaufstellung wird vorgegeben was bedeutet, dass die Reversi-Fassung auf dem 4-in-1 Fun Pak eigentlich Othello ist.

Unterm Strich wird es dem Spieler aber wohl kaum von Bedeutung sein, ob er nun ein Reversi oder Othello-Spiel vor sich liegen hat. Das 4-in1-Pak Reversi kommt grafisch sehr schlicht aber zweckmäßig daher. Schön ist die Anzeige die uns verrät mit wie vielen Steinen wir oder unser Gegner im Vorsprung ist.

Bunt, eigentlich schon zu bunt, präsentiert euch die Othello-Version in Austin Powers Oh Behave! für den Game Boy Color. Domination verschafft uns einen Trip in die swingin‘ Sixties. Schaltet den Dudelsound aus und gebt euch ganz dem Farbrausch hin. Shagadelic! Scheinbar sind die vorgegebenen Kreuzchen nicht ausblendbar – zumindest bin ich im Optionsmenü nicht fündig geworden. Diese Spielhilfe ist für Anfänger vielleicht ganz nett – hätte man sich aber auch sparen können.

Wer jetzt vollkommen verwirrt ist und gar keine Lust mehr auf Reversi/Othello hat für den habe ich eine Alternative die sich an beiden Spielen orientiert aber deutlich weniger taktisches Geschick voraussetzt: Spot. Als Maskottchen der Pepsi Marke Seven Up spielt ihr diesmal auf einem 7×7 Felder großen Spielbrett. Ziel des Spiels ist es wie bei Reversi/Othello zuletzt die meisten Steine seiner eigenen Farbe ausliegen zu haben. Bei Spot werden gegnerische Spielstein-Reihen allerdings nicht „eingefangen“, sondern annektiert und in die eigene Farbe umgewandelt. Wenn ich mich mit meinem Stein an gegnerische Steine angliedere, werden automatisch alle gegnerische Steine die unmittelbar an meinen Stein angrenzen zu meiner Farbe.

Das Spielprinzip ist kurzweilig, macht aber ungeheuren Spaß und ist immer einen Blick wert. Grafisch ist das Spiel zwar sehr simpel gehalten, allerdings werdet ihr durch die grandiosen Hintergrundmusiken mehrfach belohnt. Tipp: Wenn ihr am Zug seid und euch nicht weiter bewegt, erklingt schon bald ein Titel der euch vom Hocker reißen wird und die übrigen Reversi/Othello Titel weit in den Schatten stellt.

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